Als wir unser Haus auf dem Land kauften stand fest, dass wir unser neues Zuhause mit einem Hund teilen wollten. Liebe Freunde von uns haben zwei Hunde aus dem Tierschutz, einen Galgo und einen Podenco.
Durch sie wurden wir auf die Möglichkeit, Tiere aus dem Ausland zu adoptieren aufmerksam.
Außerdem hatten sowohl mein Mann als auch ich uns in das Wesen des Podenco verliebt.
Also informierten wir uns tiefergehend zur Rasse und zur Möglichkeit der Adoption aus dem Ausland, denn in Deutschland würden wir wohl keinen Podenco finden.
Zu dieser Zeit sahen wir auch regelmäßig Sendungen im Fernsehen, die bei der Vermittlung von Tierschutztieren helfen wollten. Und tatsächlich stellte dort ein Verein aus Deutschland Hunde seines Partnervereins in Spanien vor, darunter auch einen Podenco. Da uns der Verein seriös erschien, nahmen wir Kontakt auf.
So lernten wir Bärbel kennen, die Vereinsvorsitzende von Tierhilfe Hundeglück e.V.
Der Verein arbeitet eng mit einem spanischen Partnerverein zusammen. Mitglieder des deutschen Vereins sind regelmäßig vor Ort in Spanien, helfen dort mit und lernen die zu vermittelnden Hunde dadurch oft persönlich kennen.
Es folgten viele und lange Telefonate, in denen wir dezent auf Tauglichkeit geprüft wurden. Auch unsere Vorstellungen vom zukünftigen Familienmitglied wurden sehr genau erfragt. Schließlich wurden wir „für geeignet befunden“ und bekamen zwei Hunde vorgestellt. Da der zukünftige Hund vor allem der Begleiter meines Mannes sein sollte, traf er letztendlich die Entscheidung. Und zwar für Cherif, der heute Diego heißt.
So kam es, dass Diego wenige Wochen nach unserem Umzug ins frisch sanierte Haus - und einem Vorbesuch des Vereins vor Ort - bei uns einzog. Die erste Nacht brachte für uns alle wenig Schlaf und es dauerte einige Tage, bis wir und dieses fremde Wesen einander etwas vertrauter wurden. Wir lernten schnell, dass Wurst, Käse und Brot auch für Hunde verführerisch sind und nicht aus den Augen gelassen werden sollten. Diego fand auch Gefallen an Taschentüchern, egal ob neu oder gebraucht. Weitere Leckereien waren und sind die Hinterlassenschaft von Katzen und Pferden. Und leider funktioniert das Kommando „Aus" nicht ganz zuverlässig. Insgesamt ist Diego sehr gelehrig und gewitzt. Er öffnet Türen und Klappen und merkt sich sehr genau, wo wir etwas Leckeres liegengelassen haben.
Er ist ein Charmeur und hat ein schier unendliches Kuschelbedürfnis.
Diego hat ein anderes Verständnis von Ordnung - oder man kann es auch Langeweile nennen :-)
Nachdem Diego ein knappes halbes Jahr bei uns war, schlich sich der Gedanke bei uns ein, dass sein Hundeleben mit einem Artgenossen sicher noch viel schöner wäre. Außerdem wollte ich auch gerne „meinen" Hund. Also klopften wir wieder bei Bärbel an. Diesmal war wichtig, dass Diego mit seinem etwas unsicheren Wesen den zukünftigen Hausgenossen bereits aus Spanien kannte und die beiden sich verstehen würden. Die Wahl fiel auf eine Podencodame namens Lila („Flieder"), welche schon seit 4 Jahren im Shelter in Spanien auf ein Zuhause wartete. Sie war völlig abgemagert aufgefunden worden und durch das Fressen von Steinen hatte sie ihre Zähne ruiniert. Sie rührte uns sehr an. Dank tatkräftiger Unterstützung mehrerer Mitglieder von Tierhilfe Hundeglück e.V. konnten wir die Hunde zusammenführen - und sie kamen tatsächlich miteinander aus! Bald entdeckten wir auch den Grund für den ungewöhnlichen Hundenamen. Das Mädchen mit den grazilen langen Beinen und dem liebenswürdigen Unterbiss roch (und riecht immer noch) im Nacken nach Flieder!
Die beiden Hunde verstehen sich und koexistieren weitestgehend friedlich, die große Liebe ist es bei den beiden Vierbeinern aber leider nie geworden. Auch zwischen Mila (wir haben den Namen minimal verändert) und mir hat es nie richtig gefunkt. Stattdessen haben sich in unserer Wohngemeinschaft neue Allianzen gebildet, sodass Mila und mein Mann sowie Diego und ich sehr enge Mensch/Hund-Teams wurden. Auch unsere Regeln für das Zusammenleben veränderten sich in einigen Punkten schleichend. So gibt es zum Beispiel definitiv mehr Leckerlie als früher und Hunde auf dem Sofa oder im Bett wurden vom Tabu zur gemütlichen Normalität. Beide Podis brauchen viel Körperkontakt und Streicheleinheiten. Ich denke immer: Wenn Podencos könnten, würden sie schnurren!
Apropos Katzen... Ein Jahr nach Mila zogen zwei Kätzchen aus dem Tierheim bei uns ein. Nach einer intensiven und vorsichtigen Zusammenführung kamen die vier gut miteinander aus. Unser Zusammenleben klappt meistens hervorragend. Mila und mein heißgeliebter Garten sind allerdings nur unter Aufsicht kompatibel, da sie für ihr Leben gerne buddelt. Auch Diego buddelt, aber er beschränkt seine gartengestalterischen Fähigkeiten auf unsere Runden durch die Felder.
Beide Podencos sind begeisterte Mäusejäger und fangen sich bei unseren Spaziergängen gerne mal die eine oder andere Zwischenmahlzeit. Der Alltag mit zwei Hunden hat schnell zu routinierten Abläufen gefunden und eigentlich könnte die Geschichte hier zu Ende sein. Aber die Adoption unserer beiden Schmusemonster hatte etwas angestoßen. Nach längerem Überlegen entschlossen wir uns, einem weiteren Hund vorübergehend ein Zuhause zu geben, als Pflegestelle für den Verein Tierhilfe Hundeglück e.V. Und so zog Alaska, eine Terriermischlingsdame, für kurze Zeit bei uns ein. Nach 14 Tagen war sie schon vermittelt und beim Abschied von ihr fühlten wir uns glücklich und traurig zugleich. Natürlich freuten wir uns, dass Alaska so schnell ihr eigenes Zuhause gefunden hatte. Aber ganz ehrlich: Uns war zum Heulen zumute.
Dennoch stellten wir uns erneut als Pflegestelle zur Verfügung. Bald schon stellte Bärbel uns eine kleine fast schwarze Hündin namens Wanja vor. Die ärmste war von einer alten Dame mit 6! Wochen übernommen und fast ausschließlich in einem Patio, einer Art Innenhof gehalten worden. Beim Betrachten von Videos von ihr hat es mich sofort erwischt und heimlich stellte ich mir vor, sie für immer zu behalten. Doch dann fand sich eine Interessentin für Wanja und meine Träume platzten. Wanja brauchte nun keine Pflegestelle mehr, aber rasch fand sich eine andere Hündin, die zunächst in eine Pflegestelle vermittelt werden sollte. Wir vereinbarten mit Bärbel, dass wir statt Wanja nun Luna vorübergehend bei uns aufnehmen würden.
Kurz vor der Ausreise der beiden trat dann plötzlich die Interessentin für Wanja von der Adoption zurück. Bärbel, die von meinem persönlichen Interesse an ihr wusste, informierte uns umgehend. Und wir fanden uns plötzlich in einer Zwickmühle. Welchem der beiden kleinen Wesen sollten wir eine Chance auf ein besseres Leben geben?
Wir übernahmen sie beide, Luna auf Pflegestelle und Wanja als unseren dritten Hund.
Mit Ankunft von Wanja (heute heißt sie Leni) und Luna zog erstmal das Chaos ein. Während unsere beiden Podis rassetypisch im Haus sehr ruhig und entspannt sind, mischten die beiden „Neuen" die Bude ordentlich auf.
Gefühlt 24/7 spielten sie lautstark miteinander und tobten durch das ganze Haus. Die recht rasche Adoption von Luna war für unsere strapazierten Nerven eine Erlösung, auch wenn sich auch in diesen Abschied Traurigkeit mischte. Langsam kehrte wieder Ruhe bei uns ein und das Rudel fühlte sich komplett an.
Eine weitere Pflegestelle konnten wir uns erstmal nicht mehr vorstellen.
Aber ich war neugierig geworden auf das Tierheim in Priego de Cordoba in Spanien, das so vielen Hunden beim Überleben half. 2021 flog ich für eine Woche zur Unterstützung des Teams nach Priego und lernte David, Rut, Noemi, Kathrin und all die anderen, meist ehrenamtlichen Helfer persönlich kennen. Auch bekam ich einen Eindruck von den schwierigen Bedingungen, unter denen dort Tierschutz praktiziert wird. Einen Tag vor meiner Rückreise war ich dann sogar dabei, als ein Notruf das Team erreichte. Ein Hund war an einer viel befahrenen Straße gesichtet worden war und sollte in Sicherheit gebracht werden. Ich war unglaublich stolz, als wir den Hund schließlich zu viert an einem steilen Abhang anlocken und einfangen konnten. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass dieses kleine Hundemädchen genau auf mich zugekommen war. Ich durfte ihr einen Namen geben und da es August war, nannte ich sie Augusta. Bei der Fahrt zum Shelter war sie ganz ruhig und schmiegte sich an mich an. Am nächsten Tag flog ich zurück, aber ich konnte Augusta nicht vergessen. Ich hatte sie mit eingefangen und fühlte mich verantwortlich für sie. Kurzentschlossen unterbreitete ich meinem Mann meine Idee, auch Augusta bei uns aufzunehmen. Zum Glück kann er mir kaum einen Wunsch abschlagen und so meldete ich mich wieder einmal bei Bärbel. Bärbel, die selbst mit fünf Hunden aus Spanien zusammenlebt, war amüsiert. Und konnte uns natürlich sehr gut verstehen.
Und so trat Augusta/Gusti im September ihre Reise nach Deutschland an.
Jetzt, gut ein Jahr später, sitze ich in einem Ferienhaus in Dänemark. Rundherum in Körbchen und auf dem Sofa liegen unsere 4 Hunde verteilt. Wir fahren immer mit ihnen in den Urlaub, die Hunde in einer Pension zu lassen, kommt für uns nicht in Frage. Es ist nicht ganz einfach, mit so vielen Hunden eine geeignete Unterkunft zu finden. Aber in Dänemark ist man bei dem Thema etwas entspannter. Vor Gusti sind wir mit 3 Hunden im Wohnmobil nach Schweden zu Freunden gefahren. Ein Abenteuer, welches wir nicht wiederholen würden. Wir passen unsere Urlaubspläne also an die Bedürfnisse von Mensch und Hund an, und das ist für uns kein Problem.
Unsere Entscheidung für unser Leben mit Hunderudel haben wir, trotz mancher Herausforderung, nicht bereut.
Vielen, lieben Dank, an die Autorin!
Kerstin - die Hundemama des Rudels hat die liebevoll geschriebene Story verfasst.